Aus dem Ortschaftsrat
Zur öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrates Sandweier lud die Ortsverwaltung auf Montag,
6. November 2023 ein. Die Sitzung fand in der Rheintalhalle statt, weil die auf der Tagesordnung
u. a. stehende Planung zur Schaffung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge auch den Ortsteil Sandweier betrifft und daher ein hohes Interesse der Bevölkerung an der Sitzung absehbar war. Ortsvorsteher Wolfram Birk konnte neben dem nahezu vollzählig erschienenen Gremium etwa 120 Zuhörerinnen und Zuhörer begrüßen.
Zunächst stand jedoch die Verabschiedung von Ortschaftsrat Dr. Kurt Hochstuhl auf der Tagesordnung. Herr Dr. Hochstuhl hatte schriftlich mitgeteilt, aus dem Ortschaftsrat ausscheiden zu wollen. Nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung ist dies möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt- dies ist u. a. dann der Fall, wenn der ehrenamtliche Bürger mehr als 10 Jahre lang dem Gremium angehört hat. Herr Dr. Hochstuhl war 30 Jahre lang für die SPD Mitglied des Ortschaftsrates, sodass dieses Kriterium erfüllt ist.
Ortsvorsteher Wofram Birk führte in seiner Ansprache aus, dass mit dem heutigen Tag eine Ära im Ortschaftsrat zu Ende gehe, habe Herr Dr. Hochstuhl doch von 1989 – 2004 und von 2008 – heute dem Gremium Ortschaftsrat angehört und habe dieses mit seiner gesamten Persönlichkeit, seinem Wissen als Historiker und seiner immer konstruktiven Haltung bereichert. Nicht nur einmal habe er mit seinen Wortbeiträgen – auch gerne mit einer guten Portion Humor gespickt – verfahrene Situationen aufgelöst.
Für die 30-jährige Zugehörigkeit zum Ortschaftsrat Sandweier zeichnete OV Wofram Birk Herrn Dr. Hochstuhl namens des Städtetags Baden-Württemberg mit der Verdienstnadel des Verbands in Gold aus. Nachdem Herr Dr. Hochstuhl aufgrund seines zwischenzeitlichen ,,Pausierens“ bereits im Besitz des traditionellen Wappenziegels für scheidende Ortschaftsräte ist, überreichte OV Birk Herrn Dr. Hochstuhl einige Flaschen Rotwein aus dem Piemont.
Der Wein stammt vom Weingut Ceste, einem Winzer, bei dem der Ortschaftsrat auf einer Reise vor einigen Jahren Station machte. OV Birk verband die Übergabe des Weins mit dem Wunsch, dass dessen Genuss Herrn Dr. Hochstuhl an die schönen gemeinsamen Zeiten erinnern möge.
Dem Dank schloss sich Frau Fierhauser-Merkelfür die SPD-Fraktion an und auch die weiteren Parteien am Ratstisch dankten Herrn Dr. Hochstuhl für die Zusammenarbeit.
Herr Dr. Hochstuhl wiederum dankte allen Sprechern und wünschte dem Gremium alles Gute für die Zukunft.
Danach stand der TOP Nachrücken von Herrn Frederic Braun in den Ortschaftsrat auf der Agenda.
Entsprechend der Kommunalwahlordnung rückt für ausgeschiedene Gremienmitglieder der an der letzten Kommunalwahl als Ersatzbewerber festgestellte Kandidat derselben Wahlliste nach. Herr Frederic Braun wurde gemäß dem Wahlergebnis der Kommunalwahlen 2019 auf der Liste der SPD als erster Nachrücker festgestellt.
Nachdem der Ortschaftsrat in der Sitzung einstimmig bestätigte, dass keine Hinderungsgründe für das Nachrücken von Herrn Braun vorliegen, wurde dieser von OV Birk als Ortschaftsrat verpflichtet. Herr Braun ist am Ratstisch kein Unbekannter, er warschon einmal in den Jahren 2017 – 2019 Mitglied des Ortschaftsrates. OVWofram Birk hieß Herrn Braun daher ,,willkommen zurück“ im Ortschaftsrat Sandweier.
Als nächster Tagesordnungspunkt standen die Beratungen zur Schaffung weiterer Unterbringungskapazitäten für Flüchtlinge an. Hierzu begrüßte der Vorsitzende die Vertreter der städtischen Fachämter: Frau lska Dürr, Leiterin des Fachbereichs Bildung und Soziales sowie Herrn Dr. Matthias Voigt, den zuständigen Fachgebietsleiter. Vom Dezernat II waren Herr Thomas Schwarz, Leiter des Fachbereichs Planen und Bauen und Frau Ilona Schütz, Fachgebiet Stadtplanung, anwesend. OV Birk erläuterte eingangs, die der Stadt von Bund und Land zur Unterbringung zugewiesenen Flüchtlinge seien eine gesamtstädtische Verpflichtung, der sich die Stadt nicht entziehen könne und so schlagen die zuständigen Fachämter für die Errichtung eines Containerbaus auf dem Bolzplatz im Baugebiet ,,Stöcke Süd“ vor. Dort sollen 50 Personen untergebracht werden. Im Vorfeld der heutigen Sitzung habe eine Besprechung zwischen Ortsvorsteher und den am Ratstisch vertretenen Parteien stattgefunden, worin Einigkeit bestand, dass der ausgesuchte Standort aus verschiedenen Gründen nicht geeignet ist. Da man sich der Verantwortung, einen Beitrag zur Unterbringung von Flüchtlingen zu leisten nicht entziehen wolle, seien den Fachämtern in gemeinsamer Absprache mit den Parteien vor Ort alternative Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen genannt worden, welche von der Verwaltung geprüft wurden.
Frau Dürr führte einleitend aus, dass die Zahl der Geflüchteten bundes- und landesweit und somit auch in Baden-Baden seit mehreren Monaten kontinuierlich ansteige. Nach einem neuen Höchst-stand im September 2023 kündige das Regierungspräsidium Karlsruhe weiter steigende Zuweisungen an. Um auch weiterhin eine Belegung von Sporthallen zu verhindern, wachse der Handlungsdruck für die Stadt Baden-Baden hinsichtlich der Schaffung neuer Unterbringungsplätze. Bereits im Jahr 2024 sei mit einem Aufbau von bis zu 160 Plätzen zu kalkulieren. Ergänzend sollten im Jahr 2025 weitere 100 Plätze durch die beiden Neubauprojekte in Steinbach und Sandweier realisiert werden
Nach Beschluss durch den Gemeinderat werde der Kapazitätsaufbau durch Bürgerinformationsveranstaltungen, lntegrations- sowie Quartierskonzepte begleitet.
Herr Schwarz ergänzte, dass die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten davon geleitet wurde, ob der Baugrund stadteigen und baulich geeignet sei und wie rasch eine Bebauung umgesetzt werden könne. Hier bietet sich der Bolzplatz Sandweier aus Sicht der Verwaltung an. Er sei nur noch selten genutzt, die Erschließung (Kanal, Wasser, Strom etc.) sei in der Rheintalstraße vorhanden und könne leicht aufs Grundstück geführt werden. Zudem seien
für die künftigen Bewohner eine gute Erreichbarkeit mit dem ÖPNV wichtig. Die im Vorfeld der heutigen Sitzung für genannte Alternative ,,Wohntrakt der Alten Schule Sandweier“ sei nicht geeignet, weil zu klein und zudem aufgrund des hohen Sanierungsumfangs nicht rechtzeitig fertigzustellen. Die zweite Alternative, eine Wohnmöglichkeit im Neubaugebiet „Am lffzer Weg“ zu schaffen, sei ebenfalls zeitlich zu spät.
In der anschließenden Diskussion führten die Ortschaftsräte aus, dass – der Bolzplatz nach wie vor als solcher genutzt werde und als Infrastruktur erhalten bleiben muss,
– in Anbetracht der Belegung mit 50 Personen die Distanz zur bestehenden Bebauung zu gering ist, sodass negative Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu erwarten sind,
– in der Vorlage von grundsätzlich mehreren geeigneten Flächen gesprochen wird und dann aber nicht mitgeteilt wird,welche das sind und warum die jetzt vorgeschlagenen Flächen prioritär sind,
– es sich bei einer Unterkunft für 50 Personen nicht um eine ,,kleine“Unterkunft handle und die zur Verfügung stehende Fläche des Bolzplatzes Sandweier zu klein sei für die Unterbringung derart vieler Menschen.
– es nicht nachvollziehbar sei, dass das RP der Stadt Baden-Baden die hier lebenden ukrainischen Flüchtlinge nicht auf das Kontingent der unterzubringenden Flüchtlinge nach dem Königssteiner Schlüssel anrechnet und so Baden-Baden insgesamt deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als der Verteilungsschlüssel eigentlich hergibt und
– die ehemaligen Lehrerwohnungen in der Alten Schule Sandweier seit Jahren leerstehen und der Ortschaftsrat wiederholt auf die Eignung der Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingsfamilien hingewiesen hat, wenn die Wohnungen saniert würden.
Der Ortschaftsrat regte daraufhin in der Sitzung an,
– in bestehenden Gewerbegebieten noch nicht vergebene städtische Flächen für die Erstellung von Unterkünften zu nutzen und
– für die im Rollfeld 25 in 2 Containeranlagen untergebrachten
Mitarbeiter der Verwaltung alternative Räumlichkeiten zu suchen und die Container wie ursprünglich einmal vorgesehen zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen.
Im Anschluss lehnte der Ortschaftsrat einstimmig und ohne Enthaltungen den Beschlussvorschlag der Verwaltung ab, auf dem Bolzplatz Sandweier eine Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge zu schaffen.
Die Bürgerfragestunde wurde von OV Wolfram Birk vorgezogen, sodass die Bürgerschaft die Möglichkeit hatte, sich mit ihren Anmerkungen und Fragen zu äußern. Von dieser Möglichkeit wurde rege Gebrauch gemacht. Etliche Angrenzer und Bewohner des Quartiers brachten hervor, dass die Zahl von 50 Personen auf der kleinen Bolzplatz-Fläche zu hoch sei für eine verträgliche Nachbarschaft. Weiterhin habe Sandweier schon einen sozialen Brennpunkt in der Ortsmitte. Eine Container-Lösung biete zudem keine Integrationsmöglichkeit für die Flüchtlinge. Kritisch wurde gesehen, dass die Versorgung mit Kindergartenplätzen nicht Schritt halte mit den auch durch die Migration steigenden Kinderzahlen. Auf Nachfrage aus der Zuhörerschaft, welche Personen zur Unterbringung zu erwarten seien, führte Frau Dürr aus, das könne so lange im Voraus nicht mit Bestimmtheit sagen. Man gehe jedoch aktuell davon aus, dass es vor allem alleinstehende junge Männer sein werden.
Sodann berichtete OV Wolfram Birk über den eingegangenen Bauantrag zur Errichtung eines Interimskindergartens auf dem Gelände des ehemaligen Leichtathletikplatzes. Dieser entspricht dem, was im Bebauungsplan vorgesehen ist. Das Gremium nahm den Bauantrag zur Kenntnis.