Von der BNN Mitarbeiterin Beatrix Ottmüller. In der Ausgabe vom 27. Mai 2021 in der BNN
Baden-Baden-Sandweier. Während in der Kurstadt selbst die badische Mundart nur noch sporadisch gesprochen wird, wird das Badische noch immer in den Heimatvereinen, die sich in den Stadtteilen um die Ortsgeschichte bemühen,
geschätzt.
Beim Heimatverein Sandweier treffen sich die Mitglieder jede Woche im Heimatmuseum, wenn es keine Pandemie gibt.
Sowohl beim Handarbeitskreis auch als auch beim Cego-Kartenspiel wird eifrig
Mundart gesprochen. Speziell gepflegt werde das Sprechen der „Sôndwiermer
Schbrooch“ jedoch nicht, sagt Theo Müller.
Es gebe auch im Ort nur noch wenige, die das Ur-Sandweierisch sprechen könnten
und Ausdrücke wie: „verkassemadukle“ (hintergehen), „Wômscht“ (Jacke)
oder „Grumbierbläddle“ (Kartoffelscheiben) regelmäßig und ganz selbstverständlich im täglichen Sprachgebrauch verwendeten.
Oft sei der Dialekt auch verwässert, wenn Menschen weggezogen seien oder sich Einflüsse anderer Dialekte in den Sprachgebrauch eingeschlichen hätten.
Mundartsprecher werfen sich auch gegenseitig vor, dass sie nicht richtig „Sôndwiermerisch“ sprechen würden. Dass die Mundart jedoch bewahrt werden
muss, ist Theo Müller bewusst. Sein Vater Guido Müller hatte als Soldat im
Zweiten Weltkrieg die Idee, die Sprache des Ortes zu bewahren und den Dialekt
aufzuschreiben, damit er nicht verloren geht. Denn ihm fiel auf, wie schnell sich
die eigene Sprechweise ändert, wenn man mit Menschen aus anderen Orten
Zeit verbringt. Guido Müller, ein ambitionierter Heimatforscher, brachte im
Jahr 1985 das „Wörterbuch d‘Sôndwierer Schbrooch“ heraus. „Damals wurde
noch jedes Wort mit der Schreibmaschine getippt“, erinnert sich Theo Müller an
das große Projekt, das seinen Vater über Jahre beschäftigte. Das größte Problem
dabei war die Frage, wie man die typischen Sôndwierer Ausdrücke so aufschreiben
kann, dass sie mit der richtigen Aussprache gelesen werden können.
Guido Müller tauschte sich dazu mit den Sprachwissenschaftlern der Universitäten
Tübingen und Mainz aus, um eine möglichst korrekte und verständliche
Laut-Schreibweise zu erreichen. So kam man auch darauf, dass Vokale, die im
Sandweierer Dialekt O-Laute erhalten und wie „Orgel, Ordnung oder Order“ gesprochen werden einen Accent Circon-
„Ich ärgere mich, dass ich nicht vor zehn Jahren schon angefangen habe. Inzwischen sind viele Mundartsprecher verstorben, die vieles hätten erzählen können.“ Eine große Hilfe sei jedoch der 85-jährige Roland Schäfer, Ur-Sandweierer und Dialektsprecher.
„Er hat ein fotografisches Gedächtnis und kann noch viel erzählen, was ich in Geschichten aufgeschrieben habe.“ Gemeinsam haben die beiden Autoren
die dritte Ausgabe der „Sôndwiermer Dorfgeschichten“ herausgebracht.
Darin erzählen Schäfer und weitere Bürger der Gemeinde Begebenheiten aus früheren Tagen anhand ihrer persönlichen Erinnerungen. In den Mundart-Büchern
finden sich Ausdrücke wie: „Dar Fenschderlaade lobberd härrenôo“ (Fensterlade
wackelt hin und her) oder „Hechelesmacher“ (scharf aufpassende, genau hinsehende Person) oder „Schlôngefônger“ (ein langer schlaksiger, auch unzuverlässiger Kerl) oder „Schparafôndele“ (eine unruhige Person, Spinner, Sprücheklopfer) sowie einstige Spitznamen für Sandweierer Urgesteine, die im Ort gut bekannt waren. flexe auf dem „O“ erhalten sollten, wie in Hômmer (Hammer), Johônn (Johann) oder eben Sôndwier (Sandweier).
Theo Müller selbst wurde zum ersten Mal bewusst, dass es viele regionale Unterschiede in der Mundart gibt, als er als Schüler ins Gymnasium nach Baden-Baden geschickt wurde. „Das Wort ‚Gluckser‘ für einen Schluckauf war in der Kurstadt nicht bekannt“, sagt er. Auch andere Sandweierer machten diese Erfahrungen in der Schule und tauschten sich darüber aus.
Doch erst jetzt, im Rentenalter, begann Müller, sich ernsthaft mit dem Erhalt des
Sandweierer Dialekts zu beschäftigen. Verfasst Bücher in Mundart: Theo Müller bemüht sich darum, die „Sôndwierer Schbrooch“ zu erhalten.